Skip to main content

Gesundheitsversorgung in Waldbronn heute und in der Zukunft – Status Quo zeigt Handlungsbedarf

von Hildegard Schottmüller

Erfreulich starkes Interesse zeigten die Waldbronner am Brennpunkt „Gesundheitsversorgung“, mit dem die CDU Waldbronn im Jahr der Kommunalwahl ein für viele Menschen drängendes Thema in den Focus gerückt hatte. Der Raum der Caritas-Tagespflege in den „Albterrassen“ war bei dieser Veranstaltung gut gefüllt mit Bürgerinnen und Bürgern sich aus erster Hand informieren wollten. Moderator Dr. Jürgen Kußmann, selbst seit 40 Jahren als Arzt für die Medizin tätig, begrüßte als Organisator und stellvertretender CDU-Vorsitzender die Referenten des Abends Dr. Hans-Arved Willberg und Dr. Elisabeth Ott. Gleichzeitig freute er sich über die zahlreich an der Problematik interessierten Gäste, darunter auch Gruppierungen, die von Amts wegen professionell in den Bereichen Gesundheit, Senioren und Pflege tätig sind. Über die stationäre und Tagespflege hätte der Vorstand des Caritasverbandes Ettlingen Alexander Seiler hier ebenfalls berichtet, konnte aber wegen eines gesundheitlichen Problems im engsten Familienkreis kurzfristig nicht kommen.

Zunächst stellte der Sozial- und Verhaltenswissenschaftler Dr. Hans-Arved Willberg vor, welche Erkenntnisse sich aus der im Auftrag der Gemeinde Waldbronn durchgeführten „Analyse der Sozialstruktur in Waldbronn“ ergeben. Bei dieser Arbeit seien die Schwerpunkte Gesundheit und Senioren untersucht worden, um zu erfahren, welche Angebote es in diesen Bereichen in Waldbronn gebe, welche Veränderungen in den kommenden Jahren zu erwarten seien, welche Stärken oder Defizite es gebe und wie künftige Bedarfe erfüllt oder die Veränderungen aufgegriffen werden können. In seiner Studie, die auf Methoden der qualitativen und quantitativen Sozialforschung basiert und auch das Problem Vereinsamung einbezieht, begründete Dr. Willberg seine Feststellungen vor allem mit der demografischen Entwicklung in Waldbronn. Er legte anhand statischer Erhebungen der Wohnraum- und Bevölkerungsentwicklung mit 10-prozentigem Einwohnerzuwachs in den letzten 20 Jahren dar: „Es wird in Zukunft viele jungen Menschen in Waldbronn geben, aber die Zahl der über 65-Jährigen wird sich bis 2040 auf fast 30 % einpendeln.“ Daraus ergebe sich, dass nicht nur die Zahl alleinlebender hochbetagter Menschen, sondern auch der Pflegebedarf steige. Vorrangiges Thema sei es also, die bereits im Leitbild 2025 seinerzeit fixierten Ziele im Blick auf Gesundheit und Senioren zu realisieren, indem diese Bereiche priorisiert und eine zufriedenstellende ärztliche und pflegerische Versorgung sichergestellt werde, um die Lebensqualität der Einwohner im Alter zu garantieren. Derzeit gebe es ungefähr 50 gesundheitsspezifische Praxen und ca. 80 verschiedene gesundheitsrelevante Einrichtungen, z. B. für Sport und Fitness. „Das ist ziemlich viel und ein großes Potential.“ bilanziert Dr. Willberg, alarmiert aber gleichzeitig, „die ärztliche Versorgung kollabiert, wenn nicht ernsthaft Anstrengungen unternommen werden“, um die Verknappung der Kapazitäten für die Gesundheitsversorgung und speziell alter Menschen effektiv zu stoppen. Der Rückgang des sozialen bürgerschaftlichen Engagements und Nachwuchsprobleme täten ihr Übriges. Die wesentliche Stärke der Waldbronner Angebote, ihre Vielfalt, sieht Dr. Willberg noch gewährleistet. Trotzdem fordert er umgehende Maßnahmen, um die gesundheitliche Versorgung auch in Zukunft sicherzustellen. Zur Erreichung dieses Ziels schlägt er die Bildung einer Arbeitsgruppe vor, die mit leitenden Personen aus Arztpraxen und Pflegeeinrichtungen besetzt werden, um ein Konzept zu entwickeln einschließlich Zeit- und Finanzplan, dessen Umsetzung der Gemeinderat beschließen und designierte Fachpersonen begleiten sollen.

Hauptproblem: Altersstruktur der Hausärzte und Nachwuchs

Die aktuelle Situation und die zukünftige Entwicklung der Hausarzt-Versorgung beleuchtete die seit über 20 Jahren in Waldbronn tätige Ärztin für Allgemein- und Palliativmedizin Dr. Elisabeth Ott. Unterlegt durch eine sehr fundierte Präsentation berichtete sie über den Status Quo mit fünf hausärztlichen Praxen mit Kassen- und Privatmedizin sowie einer privatärztlichen Praxis, die für die derzeit 13.872 Einwohnerinnen und Einwohner Waldbronns da sind. Dazu kommen das Seniorenhaus am Rathausmarkt mit 78 Pflegeplätzen und Hausbesuche. Zusätzlich werde das Seniorenhaus Spielberg versorgt. Das hauptsächliche Problem der 7 in Waldbronn tätigen Ärztinnen und Ärzte sei deren Altersstruktur zwischen 55 und 63 Jahren. „Spätestens in 5 bis 7 Jahren haben wir ein Riesenproblem.“,prognostizierte Dr. Elisabeth Ott, die ihren Beruf liebt und immer noch sehr viel Freude beim Dienst am Patienten hat. Sie lässt wissen, dass auch 21 nichtärztliche Fachkräfte in den Waldbronner Praxen mitarbeiten. Deren Schulung und Weiterbildung, damit sie delegierbare ärztliche Tätigkeiten übernehmen können, sieht sie positiv. Am Beispiel des anerkannten Berufsabschlusses NäPa (Nichtärztliche Praxisassistenten), der Fachwirtinnen in Facharztpraxen (NäPa und Fachwirtin sind Aufstiegsqualifikationen für MFA Medizinische Fachangestellte), der PA (physician assistants - Arzt-Assistenten) oder akademisch weiterqualifizierter Gesundheitsberufe verdeutlicht sie, dass künftig medizinisches Fachpersonal eine wesentliche Rolle bei der Patientenversorgung spielen werde.

In ihrem Statement zur Gesundheitsversorgung bezog Dr. Ott bei wesentlichen Fragen zum Standort Waldbronn die Meinungen ihrer ärztlichen Kolleginnen und Kollegen ein. Auf „Was hält uns in Waldbronn?“, nannten diese die Verbundenheit mit Patienten und Team, die guten Praxisstandorte und die unkomplizierte Zusammenarbeit mit der Gemeinde. „Was erschwert die Arbeit?“, begründeten die Ärzte mit Zeit- und Behandlungsdruck, hohem Patientenaufkommen, Bürokratisierung, Budgetierung, verfehlte Gesundheitspolitik und fehlende Kinderversorgung, um die Praxen besetzen zu können. Wichtige Aussagen lieferte die Frage, was Waldbronn für die Ärzte tun könne. Parkausweise für Ärzte und Kinderbetreuungsplätze sind kleinere Wünsche. Mehr Herausforderung ist aktive Nachwuchsgewinnung, indem die Gemeinde auf Weiterbildungsverbünde zugeht, um dem drohenden Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten entgegenzuwirken. Ein Ärztehaushelfe nicht wirklich viel bei der hausärztlichen Versorgung in der Zukunft, attestierte Dr. Ott. Sie verwies auf Karlsbad-Ittersbach, wo im Ärztehaus trotz Mietzuschuss der Gemeinde noch Plätze frei seien. Ein MVZ (Medizinisches Versorgungszentrum) könnte eher die junge Generation von Ärztinnen und Ärzten ansprechen. „Unser Problem wird aber nicht gelöst, wenn ihr uns alle in ein Haus hineinsteckt.“, verdeutlichte die Waldbronner Hausärztin die Lage. Die Altersstruktur, der Facharztwunsch der Studenten, die Abkehr vom 24-Stunden-Einsatz, beeinflussten wesentlich die künftige ärztliche Versorgung. „Die Aufnahmekapazitäten für neue Patienten sind jetzt bereits erschöpft, nicht erst in fünf bis sieben Jahren“, stellte Dr. Ott abschließend fest und forderte ein Umdenken, damit „das, was wir als gute Versorgung kennen“ nicht verloren gehe.

Zur Altersstruktur der Hausärztinnen und Hausärzte, ihrer steigende Arbeitsbelastung sowie dem Mangel an Nachwuchs und dessen veränderte Erwartungen an die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ergänzte Moderator Dr. Kußmann seine beruflichen Erfahrungen und kündigte örtliche Reaktionen an. Er hob den besonderen Stellenwert des Bürgerschaftliche Engagements für die sozialen Dienste hervor. Über diesen Einsatz für andere Menschen sprachen die jeweiligen Vertreter der anwesenden Gruppierungen in der Sozialarbeit.

So berichtete Bärbel Konstandin, wie „Schenkzeit e. V.“ Menschen verbindet, vor Isolation bewahrt und hilft, Pflege- oder andere Situationen zu bewältigen. Vorstand Dr. Karlheinz Henge stellte das Service-Netzwerk Waldbronn vor, dessen Zielsetzung die Betreuung und das sorglose Wohnen zu Hause bis ins hohe Alter ist. Vorsitzender Bernd Ambiel informierte, wie der Hospizverein Karlsbad-Marxzell-Waldbronn e. V. Menschen am Ende ihres Lebens begleitet und ihnen Aufmerksamkeit, Zeit und Herzenswärme schenkt. Vorsitzender Manfred Peter stellte die Ehrenamtsbörse Waldbronn vor, bei der ehrenamtlich Aktive unentgeltlich individuelle Bürger-Anliegen übernehmen.

Im Schlusswort dankte der Vorsitzende des CDU-Gemeindeverbandes Roland Bächlein den Mitwirkenden für einen gelungenen „Brennpunkt“ zur wichtigen „Gesundheitsversorgung“.

CDU Gemeindeverband Waldbronn
Text: Hildegard Schottmüller